Luke Mockridge: Das sind die Folgen seiner Paralympics-Aussagen
Luke Mockridge sorgte mit seinen Aussagen zu den Paralmypics und ihren Athleten für große Empörung. Was sind die Folgen?
Eigentlich wollte der Comedian Luke Mockridge im September 2024 sein Comeback im TV feiern, doch kurzerhand wurde sein neues Sat.1-Format „Was ist in der Box?“ noch vor Ausstrahlung aus dem Programm genommen. Der Grund? Der 35-Jährige hatte sich in einem Podcast des Duos Nizar & Shayan über die Paralympischen Spiele und ihre Athlet*innen lustig gemacht und sorgte mit Sätzen wie „Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen“ für Empörung in der Bevölkerung. Seine Gegenüber lachten sich derweil über diese Art von Humor schlapp. Auch für den Sender ging das zu weit. In einer Stellungnahme gegenüber t-online hieß es: „Die Aussagen zu behinderten Menschen und Para-Sportlern, über die sich viele Menschen zu Recht empören, passen nicht zu unseren Werten.“
Wochen nach dem Skandal passierte dann das:
Luke Mockridge verleiht den Inklusionspreis
Nein, das ist kein Scherz und nein es wurden auch keine Scherze gemacht. Luke Mockridge scheint öffentlich zeigen zu wollen, dass er zu seinen Fehlern steht und aus diesen lernt. Am 24. November 2024 darf er trotz seiner geschmacklosen Witze über paralympische Schwimmer an genau einen solchen Sportler den Inklusionspreis übergeben; an Janis McDavid. Der Sportler hat keine Arme und keine Beine und ist erfolgreicher Schwimmer. Luke bezeichnet sich nach seinem Shitstorm als „aktuell unnormalen Laudator“ und spricht seinen „schlechten Witz“ aus dem Podcast sogar direkt an. Janis McDavid selbst bedankt sich bei Luke Mockridge für „seine Worte, für seine großartige Geste“. Sein Eingeständnis und Lernen aus seinen Fehlern sei ein „Signal nach draußen“. Auf Instagram teilte Luke das Video von der Verleihung mit den Worten: „Dankbar für jeden Fehler ... ohne sie hätte ich das nie erleben dürfen.“ Janis McDavid erklärt ebenfalls in einem Instagram-Post, dass er von der Idee, das Luke Mockridge den Preis verleiht, erst gar nichts gehalten hat, begründet dann aber seinen Meinungswechsel: „Das war für mich Grund genug, mich auf die anfangs völlig absurde Idee des Veranstalters einzulassen, dass Luke Mockridge die Laudatio hält. Anfangs absurd. Aber grundsätzlich für uns alle die einzige Chance, in dieser Gesellschaft mal wieder voran zu kommen, statt immer weiter zu spalten!“
Was war überhaupt passiert?
Luke Mockridge entschuldigt sich öffentlich
Auf Instagram meldete sich der Comedian wenig später mit einer Entschuldigung zu Wort: „Selbstverständlich war es nie meine Absicht, Menschen mit Behinderung ins Lächerliche zu ziehen – besonders während dieser großartigen Paralympischen Spiele“, schreibt er hier und teilt dazu einen alten Ausschnitt aus seiner Tour. Auch damals hatte er das Thema als Vorlage für seine Witze genommen und nennt jetzt auch den Grund dafür: „Die Jokes habe ich gemeinsam mit einem paralympischen Sportler und Comedian erarbeitet, um darauf aufmerksam zu machen, dass Mitleid oft die schlimmste Form der Ausgrenzung ist.“ Er wollte damit die Grenze zwischen Menschen mit und ohne Behinderung auflösen. „Dass es mir nicht gelungen ist, das richtig zu vermitteln, und dass ich Menschen verletzt habe, tut mir wirklich leid.“ Inzwischen ist das Statement allerdings von Instagram gelöscht.
Damit war offenbar der ehemalige deutsche Leichtathlet Mathias Mester gemeint, der Mockridges Aussagen dann aber widerspricht:
Mathias Mester reagiert auf Luke Mockridges Aussagen
In einem Video, das der ehemalige paralympische Teilnehmer und Ex-„Let's Dance“-Kandidat Mathias Mester auf Instagram veröffentlicht hat, klingt das ganz anders: „Ich habe nicht mit Luke Mockridge an seinem Programm gearbeitet. Ich habe mit den diskriminierenden Äußerungen in Bezug auf die Paralympics nichts zu tun. Ich finde sie geschmacklos und grenzüberschreitend“, erklärte er hier. Zwar habe Mockridge ihn ein Jahr zuvor auf diese Art von Witzen angesprochen und nach seiner Meinung gefragt, doch die „Aussagen im Podcast sind etwas völlig anderes und haben mit Humor in meinen Augen nichts zu tun“, fügte er hinzu.
Sogar Hundeprofi Martin Rütter sprang ihm zur Seite:
„Für mich fühlt es sich beschämend an“: Auch Martin Rütter meldet sich zu Wort
Auch Hundeprofi Martin Rütter meldete sich nach dem großen Medienecho auf Instagram zu Wort und bezieht Stellung zum „Thema Luke Mockridge“. Tatsächlich geriet der 54-Jährige bereits in der Vergangenheit mit dem Comedian aneinander, als dieser den Mops für Hundehalter*innen empfahl, obwohl die Rasse als Qualzucht bekannt ist. „Jetzt hat Luki aber ein Ding rausgeknüppelt, das will ich einfach nicht so stehen lassen“, erklärt er. Denn er ist mit Matthias Mester „wirklich sehr gut befreundet“ und „das was wir hier erleben, ist diffamieren. Und sich über Menschen lustig machen, die es eh schon sehr sehr schwierig haben.“ Davon abgesehen würde man bei den Paralympischen Spielen Hochleistungssportler sehen. „Wenn Menschen mit Behinderung selber Witze darüber machen, hat das einen ganz anderen Drive. [...] Was hier passiert, ist nicht Humor, das ist Diffamierung. Und das finde ich wirklich ne Katastrophe.“ Am Ende rät er seinen Zuschauer*innen noch, dass man sich überlegen sollte, ob man zur Tournee von einem der drei Männern gehen sollte.
Auch andere paralympische Sportler*innen reagierten:
Die Reaktionen der paralympischen Athlet*innen
Der Skandal schlug natürlich nicht nur in den Medien, sondern auch im Umfeld der paralympischen Athlet*innen hohe Wellen. Insbesondere Kristina Vogel meldete sich in den sozialen Netzwerken zu Wort und verurteilte die Aussagen zutiefst: „Ich habe selten so etwas menschenverachtendes wie das gesehen!“ oder „POV: Wie tief kann man sinken? Die Drei: Ja!“, hieß es in ihrem Statement. Und weiter: „Das ist Menschenverachtend, widerlich und einfach diskriminierend.“ Auch andere Athlet*innen und Aktivist*innen kommen im Video vor: Raul Krauthausen meint beispielsweise: „Ich hatte ja gehofft, Luke würde aus seinen Fehlern lernen, aber so wie es aussieht, funktioniert sein Humor für ihn nur, wenn er nach unten tritt.“
Dann reagieren auch die Podcaster selbst auf die Kritik:
Nach Shitstorm: Statement der beiden Podcaster Nizar & Shayan veröffentlicht
Gut eine Woche nach dem Paralympics-Eklat melden sich auch die beiden Podcaster Nizar und Shayan auf Instagram mit einem Statement zu Wort. In ihrem zwölfminütigen Video entschuldigten sie sich zwar für ihre Aussagen, gehen aber gleichzeitig auf ihre Kritiker*innen los. Sie werfen ihnen vor, dass man Menschen wegen eines Witzes, der einigen nicht gepasst habe, gezielt fertig mache. Nizar Akremi bezieht sich dabei auf Luke Mockridge und sagt: „Dieser Mann hat alles verloren und euch reicht es immer noch nicht.“ Die Podcaster gehen außerdem besonders auf Kristina Vogel ein und unterstellen ihr, das Video aus reinen Promo-Gründen veröffentlicht zu haben. Hintergrund ist, dass sie kürzlich ihr eigenes Kinderbuch mit dem Titel „Hier kommt Mila! Ein Bilderbuch über Inklusion und Barrierefreiheit“ herausgebracht hatte. „Schämen solltet ihr euch! Und von uns gibt es keine Empathie für Menschen, die andere am Boden sehen wollen“, gehen sie die ehemalige Olympiasiegerin und weitere Kritiker*innen an. Außerdem kritisieren sie im Clip die sogenannte Cancelculture, die schlimme Ausmaße angenommen hätte: „Ja, wir haben einen Witz gemacht. Kann man geschmacklos finden, kann man unlustig finden. Aber es ist immer noch ein Witz. Ein verdammter Witz.“
Zwei Stunden nach dieser Veröffentlichung nimmt auch Kristina Vogel Stellung:
Kristina Vogel nimmt Stellung
Zwei Stunden nach dieser Stellungnahme reagiert auch Kristina Vogel. In einem Video erklärt die 34-Jährige: „Ich habe wirklich Besseres zu tun momentan, als mich mit so Fischen irgendwie auseinanderzusetzen“ und fährt fort: „Es ist auch extrem anstrengend, jeden Tag für seine Rechte als behinderter Mensch zu kämpfen. [...] Menschen mit Behinderungen werden jeden Tag gecancelt. Jeden Tag.“ Zudem teilt sie eine Bilderstrecke, die auf die Missstände, die Menschen mit Behinderung jeden Tag erleben, aufmerksam macht. „Meine Intention und Hoffnung war es, dass die Protagonisten des Podcast und auch Zuhörer [...] die Situation reflektieren, die Problematik verstehen und anerkennen, dass Gefühle damit enorm verletzt worden sind.“
Tatsächlich kam dann noch etwas anderes ans Licht:
Der Witz war offenbar geklaut
Wer das Gefühl hat, die Aussagen schon einmal gehört zu haben, liegt nicht falsch: Der US-Komiker Shane Gillis, der schon 2019 aufgrund rassistischer Witze bei Saturday Night Live rausgeworfen wurde, hatte dieselben Sprüche bereits vor 3 Jahren in seinem Bühnenprogramm verwendet. Mockridge scheint nicht nur den gleichen Wortlaut übernommen, sondern auch noch übersetzte Anglizismen wie „Diese Idee ist wild“ eingebaut zu haben. Viele User*innen im Netz waren deshalb doppelt aufgebracht: „Wenn man schon den Joke von Shane Gillis über die Special Olympics klaut, sollte Luke Mockridge wenigstens noch die Fallhöhe beachten und Respekt zeigen“ oder „Der eine Joke ist 1:1 von Shane Gillis geklaut. Erbärmlich!“, hieß es auf X.
Was hat Mockridge nun zu befürchten?
Die Konsequenzen
Die Absage seiner Sat.1-Show ist jedoch nicht die einzige Konsequenz, die Luke Mockridge nun tragen muss. Das Theater Haus der Springmaus, gegründet von Vater Bill Mockridge, hatte eigentlich zwei Veranstaltungen mit dem Comedian im Oktober 2024 geplant, die nun abgesagt wurden. „Wie wir bereits auf Social Media kommuniziert haben, distanzieren wir uns mit aller Deutlichkeit von Äußerungen, die auf diffamierende und respektlose Art und Weise Menschen mit Behinderung lächerlich machen und werden solchen Aussagen keine Bühne bieten“, heißt es auf der Homepage. Außerdem beendeten Sponsoren ihre Zusammenarbeit mit dem Podcast. So kündigte beispielsweise die Sprach-App Babbel an, die Kooperation mit „Die Deutschen“ zu beenden, weil die diskriminierenden Äußerungen im Widerspruch zu den Unternehmenswerten stünden.
Doch das war es noch nicht:
Luke Mockridge sagt Tour-Auftakt ab
Eigentlich sollte am 12. September 2024 seine Comedy-Tour „Funny Times“ durch ganz Deutschland und Österreich starten, doch dazu kommt es nun nicht. Der Comedian selbst sagte nämlich gleich zwei Shows ab, wie der Tourneeveranstalter MTS live bestätigte. Die Absage erfolgte „aufgrund der aktuellen Situation“ und war eine Entscheidung von Mockridge persönlich. Andere Veranstalter hatten ebenfalls darauf gedrängt, dass der 35-Jährige die gesamte Tour stoppt. Bislang wurden bereits die Auftritte in Gelsenkirchen, Bonn, Siegen und Mainz von den lokalen Veranstaltern abgesagt.
Doch ein Veranstalter hält dagegen:
Nach Start seiner Tour: Luke Mockridge nimmt auf der Bühne Stellung
Der Beginn seiner Tour und zahlreiche weitere Termine wurden gestrichen, doch der Veranstalter in Wien ließ die Show dennoch stattfinden. Und So stand Luke Mockridge im Festsaal Zentrum Simmering am 18. September auf der Bühne. „Krass, dass wir ausverkauft sind, obwohl klipp und klar geschrieben steht, dass ich der schlimmste Mensch der Welt bin“, begrüßte er das Publikum zu Beginn. Dann ging er weiter auf das Thema ein und erklärte, er sei in einem Podcast zu Gast gewesen, der bewusst darauf abzielt, „möglichst alle Regeln der politischen Korrektheit zu sprengen“.
Er erklärte:
„Ich mag unkorrekte Witze“
Zwar räumte der 35-Jährige ein, einen „richtig beschissenen“ Witz gemacht zu haben, der Menschen verletzt habe und für den er zu Recht kritisiert werde, doch gleichzeitig sehe er sich auch als Opfer. Denn er habe nicht nur viel Hass, sondern auch Morddrohungen erhalten. „Wir haben nur Witze gemacht“, betonte er erneut. „Aber die, die uns drohen und furchtbare Dinge sagen und schreien, die meinen das Ernst. Und deswegen kann es nur richtig sein, hier heute zu spielen. Nicht nur heute, sondern die komplette Tour“, gab er bekannt. Am Ende der Show griff er das Thema dann nochmal auf: „Der deutsche Kulturbetrieb ist wie ein Raum mit ganz vielen Knöpfen, wo draufsteht: ‚Nicht anfassen‘“, doch er „mag unkorrekte Witze.“ Das Publikum sah das offenbar genauso, denn für seinen Auftritt und seine Worte erhielt er tobenden Applaus.
Ende September meldet sich auch Oliver Pocher zu Wort:
Wegen „Image-Gründen“: Tour von Oliver Pocher und Luke Mockridge abgesagt
Es ist kein Geheimnis, dass Luke Mockridge und Oliver Pocher dicke Freunde sind, doch die skandalträchtigen Aussagen seines Kumpels hatten tatsächlich auch auf ihn Auswirkungen, wie er Ende September in seinem Podcast verrät. Denn eigentlich wollten die beiden Comedians unter dem Motto „Jahresrückblick des Jahres“ auf Tour gehen. „Funfact an der Geschichte ist, dass Luke und ich eigentlich vorhatten, einen gemeinsamen Jahresrückblick zu spielen“, erklärt der 46-Jährige. Doch der Plan sei aus „Image-Gründen“ abgesagt worden. Doch nicht Oliver Pocher, sondern Luke Mockridge habe die gemeinsame Tour abgesagt: „Luke meinte mein Image, nicht seines. Das hat im Nachgang schon eine gewisse Ironie“, stellt er fest und führt aus: „Ich hatte Luke noch gesagt: ‚Ich würde mich nicht entschuldigen.‘“ Denn er glaube, dass eine Entschuldigung „heute sowieso nichts mehr zählt. Wenn du dich entschuldigst, geht es erst recht hinten drauf.“
Es gibt aber noch eine andere Sorge, die Luke Mockridge betrifft:
Anzeige gegen Luke Mockridge erstattet
Der zweite Vorsitzende des Bremer Behinderten-Sportverbandes Frank Schurgast erstattet nach den Vorkommnissen Anzeige gegen den Comedian. In einem Facebook-Beitrag erklärt Schurgast, dass Luke Mockridge seiner Ansicht nach die Kriterien für verhetzende Beleidigung und Hassrede erfüllt hat. „Deswegen ist eine Strafanzeige die richtige Reaktion für mich. Für mich persönlich, der ich ebenfalls zur marginalisierten Gruppe der Menschen mit Behinderungen zähle, ist es nicht hinnehmbar, dass es nur mit einem empörten Aufschrei abgetan werden soll“, heißt es hier.
Das Wort Ableismus ist in dieser ganzen Luke-Affäre oft gefallen, was bedeutet es überhaupt:
Was ist Ableismus?
Ableismus kommt aus dem englischen Sprachgebrauch und bezeichnet eine Form der Diskriminierung. Es beschreibt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Diskriminierung aufgrund körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten. Für Menschen, die von Ableismus betroffen sind, bedeutet dies häufig, dass sie als Ausnahme betrachtet und dadurch von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen werden. Diese Diskriminierung führt dazu, dass sie nicht als gleichwertig angesehen werden, was oft Verunsicherung, Identitätsprobleme und sozialen Rückzug zur Folge hat. Aktivist Raul Krauthausen erklärt es so: „Ableismus findet nicht nur dann statt, wenn Menschen mit Behinderung etwas nicht zugetraut wird, sondern auch, wenn sie zum Beispiel für ihre Tapferkeit bewundert werden.”
Wenn du als Mensch oder Angehöriger von Ableismus betroffen bist, findest du hier Hilfsangebote.