Der Organspendeausweis: Das sollte man darüber wissen
Viele Menschen besitzen noch keinen Organspendeausweis. Dabei gibt es gute Gründe für den Ausweis! Das solltest du darüber wissen!
Der Organspendeausweis zählt zu der am häufigsten genutzten Möglichkeit, um zu dokumentieren, ob und welche seiner Organe man nach dem Tod spenden möchte. Tatsächlich ist die Anzahl der Menschen, die einen Organspendeausweis besitzen, in den letzten Jahren gestiegen. Waren es 2012 noch 22 Prozent, sind es 2020 schon 39 Prozent. Dennoch sind es längst nicht alle Menschen, die sich mit dem Thema der Organspende auseinandersetzen und sich einen Ausweis erstellen lassen. Woran liegt das? Welche Gründe gibt es für den Organspendeausweis? Und welche Dinge sollte man wissen, bevor man sich für einen Organspendeausweis entscheidet?
Mit den Fragen beschäftigen wir uns auf den nächsten Seiten:
Warum ist das Thema so relevant?
Tatsächlich stehen in Deutschland etwa 8.500 Menschen auf der Warteliste für eine Organspende (Stand 2021). Zahlreiche Betroffene warten sehr lange, bis sie eine erhalten. Die Angst davor, am Ende leer auszugehen, ist groß und sehr belastend für die Patienten und Patientinnen. 2021 wurden in Deutschland 3.508 Organe transplantiert, wobei die Niere am häufigsten gebraucht wird. Postmortal wurden hier 1.517 Nieren gespendet. Allerdings stammt auch jedes siebte gespendete Organ aus einer Lebendorganspende. Wer sich für die Organspende entscheidet, kann häufig gleich mehrere Menschenleben retten und darüber hinaus zu mehr Lebensqualität helfen. Mehr Organspenden bedeuten kürzere Wartezeiten und höhere Erfolgschancen bei der Transplantation.
Doch warum entscheiden sich die Menschen für oder gegen den Organspendeausweis und für oder gegen eine Organspende?
Gute Gründe für den Organspendeausweis
Die Entlastung für die Angehörigen
Es ist immer nicht so leicht, sich mit Fragen rund um den eigenen Tod zu befassen. Schließlich will man seine Organe ja so lange wie möglich im eigenen Körper behalten und gar nicht erst darüber nachdenken müssen, dass man diese vielleicht irgendwann aufgrund eines tragischen Unglücks nicht mehr benötigt. Allerdings kann dieser kleine Moment des Unbehagens während der Entscheidung viel bewirken. Ein Organspendeausweis schafft eine Entlastung für die Angehörigen: Wenn du schon im Vorfeld geklärt und dokumentiert hast, ob du überhaupt Organe spenden möchtest und welche das gegebenenfalls wären, dann müssen deine Familie und Freunde das nicht entscheiden. Sie werden bei deinem Tod im Falle eines fehlenden Ausweises zuerst gefragt, was dein vermeintlicher Wille war und vermutlich hast du bisher nicht wirklich mit ihnen darüber gesprochen, oder?
Du kannst Leben retten
Wenn man es wirklich einmal pragmatisch sieht, dann benötigst du deine Organe nach deinem Ableben nicht mehr. Sie können aber im Ernstfall ein oder sogar mehrere Leben retten. In Deutschland warten zahlreiche Menschen auf eine Organspende, weil ihr eigenes Organ versagt. Die Angst zu sterben, ist hier groß. Je mehr Menschen sich aber dafür entscheiden, ihre Organe nach ihrem Tod zu spenden, desto mehr Leben können gerettet werden. Viele Spender*innen sehen das bereits so und sagen, dass sie nach ihrem Tod anderen helfen möchten. Ihr Ableben hat so für sie noch einen „höheren Sinn“.
Außerdem gilt:
Du kannst dich auch gegen die Organspende entscheiden
Wichtig ist zu betonen, dass der Organspendeausweis nicht gleichbedeutend damit ist, dass du dich dafür entscheidest deine Organe nach dem Tod zu spenden. Du kannst im Ausweis auch dokumentieren, dass du deine Organe eben nicht hergeben möchtest. Es geht bei dem Organspendeausweis also lediglich um die Dokumentation deiner Entscheidung, die im Ernstfall dann nicht mehr deine Angehörigen für dich treffen müssen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass du nur der Entnahme bestimmter Organe zustimmst. Das kannst du auf dem Ausweis ganz eindeutig vermerken.
Wieso entscheidet man sich gegen die Organspende?
Warum entscheiden sich Menschen gegen eine Organspende?
Es gibt die Angst, dass man während der Entnahme noch lebt
Bevor Organe entnommen werden können, ist der Tod auf der Intensivstation erfolgt. Trotz des Todes ist der Sterbende aber noch an Maschinen angeschlossen und macht den Eindruck, als würde er noch leben. Für viele Menschen eine gruselige Vorstellung. Manche Menschen haben besonders im Falle eines Hirntods Bedenken, dass sie während der Entnahme noch leben und womöglich sogar etwas spüren. In anderen Ländern wird zur Sicherheit Narkose eingesetzt, um auszuschließen, dass Sterbende noch etwas spüren. Tatsächlich wird der Hirntod hierzulande von zwei unabhängigen Ärzt*innen festgestellt, sodass diese Begutachtung eindeutig ist.
Aber es gibt noch weitere Gründe:
Man möchte „in Frieden“ sterben
Einige Menschen haben auch den Wunsch nach dem Tod unangetastet zu bleiben. Sie möchten nicht, dass Fremde über ihren Körper und die Körperteile entscheiden. Es gibt auch Menschen, die religiöse Gründe haben und dem Lauf des Lebens folgen möchten. Eine Organentnahme würde ein Eingriff in diese letzte Phase ihres Lebens bedeuten. Viele Menschen, die so denken, entscheiden sich aber trotzdem für einen Ausweis und dokumentieren diese Entscheidung. Eine Begründung, warum man sich so entschieden hat, ist in keinem Fall erforderlich.
Und ...
Man will keine Entscheidung treffen
Tatsächlich gibt es schon länger eine Diskussion darüber, ob man eine Widerspruchsregelung einführt. Das bedeutet, dass alle automatisch nach ihrem Tod Organspender*innen sind, solange man dem nicht ausdrücklich widerspricht. Diese Lösung ist im Bundestag bereits gekippt. So sind viele Menschen der Überzeugung, dass hier das Recht als Mensch auf körperliche Unversehrtheit greift. So sollte niemand aufgrund seiner „Nicht-Entscheidung“ dazu gezwungen werden, Organspender*in zu werden. Manche Menschen wollen sich aus verschiedenen Gründen einfach nicht für oder gegen eine Organspende entscheiden und legen sich daher auch keinen Organspendeausweis zu.
Trotz dessen solltest du dir über eine Sache im Klaren sein:
Es geht um deine Entscheidung
Am wichtigsten bei der Organspende ist wohl zu erkennen, dass es hier um deine eigene Entscheidung geht. Für diese musst du dich weder rechtfertigen noch Gründe dafür angeben. Es bleibt aber festzuhalten, dass ein Organspendeausweis in jedem Fall Klarheit über deine Entscheidung gibt, wenn du diese nicht mehr selbst vermitteln kannst. Falls du der Organspende positiv gestimmt bist, aber keinen Organspendeausweis besitzt, könnten deine Organe nach deinem Ableben womöglich nicht gespendet werden. Für Patienten und Patientinnen kann das aber dann über Leben und Tod entscheiden. Du solltest dich bei deiner Entscheidung nicht unter Druck setzen lassen, jedoch intensiv über die Anschaffung des Organspendeausweises nachdenken. Im Fall der Fälle bringt dieser immer Klarheit!
Auf den nächsten Seiten erfährst du, wie du zum Organspendeausweis kommst:
Wie erhalte ich den Organspendeausweis?
Es gibt kaum Erkrankungen, die eine Organspende ausschließen. Zudem gibt es kein Höchstalter für eine Spende. Wer das 16. Lebensjahr erreicht hat, darf darüber entscheiden, ob und welche Organe er oder sie spenden möchte. Um sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, benötigt man den Organspendeausweis. Dieser ist ganz einfach und kostenfrei auf der Internetseite der Organspende der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu bestellen. So kann man ihn online ausfüllen und als Plastikkarte erhalten. Alternativ kann man ihn aber auch einfach ausdrucken. Es ist keine Anmeldung oder Registrierung erforderlich. Wer sich unsicher ist, kann sich auf der Webseite ausführlich darüber informieren. Hier gibt es auch verschiedene Videoanleitungen zu dem Thema. Auch wenn man sich noch einmal telefonisch informieren möchte, gibt es eine Hotline, die dir kostenfrei zur Verfügung steht. Auch der Podcast kann einem bei der Entscheidung helfen. Hier kommen nicht nur Experten und Expertinnen, sondern auch Betroffene zu Wort.
Hotline: Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr unter 0800 90 40 400
Viele wollten auch so auf das Thema aufmerksam machen:
Organspende-Tattoo
In Deutschland ist jeder vierte Bürger und jede vierte Bürgerin tätowiert (Stand 2017). Eine neue Aktion könnte diesen Fakt mit der Organspende verknüpfen. Denn ein spezielles Tattoo könnte in Zukunft leben retten: Es geht um das neue Organspende-Tattoo. Das Motiv ist dezent und dennoch sagt diese Tätowierung so viel aus. Ein Kreis und zwei Halbkreise sollen für das Geschenk des Lebens stehen. Ungefähr 150 Tattoo-Studios in Deutschland machen bei der Aktion mit – kostenlos. Das Tattoo soll als Zeichen einer Spendenbereitschaft stehen. Neben dem Organspendeausweis kann man seine Zustimmung so auch auf der Haut und nach Außen tragen. Zwar gilt die Tätoweriung nicht als rechtsgültiges Dokument, es kann aber als Bereitschaft und Signal fungieren, das den Angehörigen bei der Entscheidung der Organspende hilft. Die Aktion nennt sich Opt.Ink und soll laut Initiatoren als „Signal der Hoffnung an die Wartepatienten“ gesehen werden und die Organspende wieder sichtbarer machen.
Und jetzt gibt es noch eine Neuigkeit:
Das Organspende-Register
Seit 2024 gibt es das sogenannte Organspende-Register. Dies ist ein elektronisches Verzeichnis, in dem man seine Entscheidung für die Organspende online vermerken kann. Dies ist eine neue Möglichkeit, um die Zu- oder Absage für die Organspende rechtlich verbindlich zu dokumentieren. Darüber hinaus ist der Eintrag freiwillig und auch komplett kostenlos. Außerdem kann man sein Entscheidung jederzeit ändern oder löschen.
Das Organspende-Register wird schrittweise eingeführt. Seit März 2024 können Bürger*innen ihre persönliche Erklärung zur Organspende über die Website abgeben. Ab Juli 2024 werden alle Entnahmekrankenhäuser mit dem Register verbunden sein und die hinterlegten Erklärungen abrufen können. In der dritten Stufe (Juli 2024 bis spätestens September 2024) wird der Zugriff über die Krankenkassen-Apps ermöglicht. Ab dem 1. Januar 2025 werden auch Gewebeeinrichtungen in das Register eingebunden sein.